Lang bewährtes
oder Erste Hilfe-Mythen
Die Leitlinien des European Resuscitation Council stellen die Grundlage für Wiederbelebungsmaßnahmen dar. Alle fünf Jahre werden diese Leitlinien in Zusammenarbeit mit Experten aus aller Welt überarbeitet. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe erarbeitet daraus verbindliche Standards für Schulungen in der ersten Hilfe. Es werden die neuesten Erkenntnisse aus Forschung und Medizin zusammengetragen um die Erstversorgung so effizient wie möglich zu gestalten, so hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Dies erfordert von den Ersthelfern das auch diese sich regelmäßig fortbilden. Doch all zu oft ist das nicht der Fall und viele Techniken die Früher gelehrt wurden sind heute längst überholt. Aber auch viele Mythen haben sich bisweilen dazu gemischt, mit einigen möchten wir hier aufräumen:
Die Zunge an der Unterlippe fixieren
Bei Bewusstlosigkeit erschlafft die Muskulatur des Patienten. Dies führt zum Verlust von Abwehrreflexen, aber auch die Zungenmuskulatur erschlafft und der Zungengrund rutscht in den Rachenraum. Das kann dazu führen das die Atemwege verlegt werden und der Patient erstickt. Um die Atmung zu sichern ist eine Beräumung des Mundraumes unabdingbar. Dafür war es noch in den 40er Jahren des 20 Jahrhunderts üblich die Zunge des Patienten mit Hilfe einer Sicherheitsnadel an der Unterlippe zu fixieren. Mittlerweile ist dies überholt und eine einfachere Lösung wurde gefunden.
> Um bewusstlose Patienten vor dem ersticken zu schützen werden diese in die Seitenlage gebracht und der Kopf überstreckt.
Bei Nasenbluten, Kopf in Nacken
Auch ein simples Nasenbluten kann zu einem Notfall werden. Blut verdünnende Medikamente oder Blutgerinnungsstörungen können hier zu einem großen Blutverlust führen. Um den Blutverlust gering zu halten war es lange üblich den Kopf in den Nacken zu legen. Dies verhindert zwar, dass das Blut den Körper verlässt, dieses steht jedoch dem Körper dennoch nicht mehr zu Verfügung. Stattdessen kann das Blut ungehindert über den Rachen und die Speiseröhre herunter in den Magen gelangen. Der Magen kann das eigene Blut nicht verdauen und es wird im Magen gerinnen, Dies führt im Verlauf zu kaffeesatzartigem erbrechen.
> Bei Nasenbluten den Kopf nach vorne.
Beißkeil bei Krampfanfällen
Noch in den nuller Jahren war es üblich Patienten bei einem Krampfanfall einen Beißkeil zwischen den Ober und Unterkiefer zu stecken. Dies sollte das Gebiss des Patienten schonen und verhindern das sich dieser auf die Zunge beißt. Ist der Kiefer bereits verkrampft gewesen musste der Keil unter großem Kraftaufwand eingesetzt werden. Bei der Nutzung von Holzkeilen kam es dabei zu massiven Verletzungen. Führt der Patient hingegen zuckende Bewegung aus, konnte der Beißkeil nicht fixiert und im schlimmsten Fall der Helfer gebissen werden.
> Bei Krampfanfällen den Patienten aus krampfen lassen und vor Verletzungen schützen.
Verätzungen im Auge zur Nase aus spülen
Bei Verätzungen und Fremdkörpern im Auge muss dies unbedingt gespült werden. Um die Tränenkanäle des Auges zu schützen wurde der Kopf seitlich, mit dem betroffenen Auge nach oben, zur Nase hin mit Wasser gespült. Dadurch gelangt die Flüssigkeit in das andere gesunde Auge und kann dort Verletzungen verursachen.
> Kopf seitlich legen, mit dem betroffenen Auge nach unten und nach außen spülen.
Verbrennungen panieren
Ein weitverbreitetes Hausmittel bei Verbrennungen ist das einreiben der Wunde mit Butter oder bestäuben mit Mehl. Lebensmittel sind selten Keimfrei, durch die verletzte Haut können Keime leicht in tieferes Gewebe eindringen und dort großen Schaden anrichten.
> Verbrennungen steril abdecken und betroffene Flächen mit lauwarmen Wasser kühlen.
Kleber gegen Zecken
Zecken können eine Vielzahl von Krankheitserregern übertragen, daher gilt es diese so schnell wie möglich zu entfernen. Hausmittel reichen hier von abbrennen bis zum ertränken in Öl oder Kleber. In ihrem eigenem Todeskampf führt das bei der Zecke zum erbrechen und über den Stechapparat gelangen zusätzlich Krankheitserreger in den Körper.
> Zecken sollten schnellstmöglich entfernt werde, hierzu eignen sich Zeckenkarten oder auch Pinzetten. Die Zecke möglichst Nahe an der Haut fassen und samt Kopf entfernen. Im späteren Verlauf auf eine kreisförmige Rötung um die Einstichstelle achten, um Infektionen zu erkennen.
Erbrechen bei Vergiftungen
Nur bei wenigen Substanzen ist ein erbrechen für den Behandlungserfolg Zielführend. Häufiger kann durch erzwungenes Erbrechen die Lage noch verschlimmert werden. Werden ätzende Substanzen erbrochen kann dadurch die Speiseröhre erneut geschädigt werden. Schäumende Substanzen können aufschäumen und zusätzlich die Atemwege verlegen.
> Bei Vergiftungen schnellstmöglich den Rettungsdienst alarmieren, und ggf. mit dem Giftnotruf weitere Erste Hilfe Maßnahmen besprechen.
Zitronensaft auf Sonnenbrand
Um die Haut nach einem Sonnenbrand mit Vitaminen zu versorgen, greifen viele auf Zitrusfrüchte zurück. Jedoch hat dies eher einen schadenden Effekt für unsere Haut. Die in Zitrusfrüchten enthaltene Säure verstärkt die UV Strahlen und verstärken die Empfindlichkeit gegenüber einem Sonnenbrand. Darüber hinaus kann die Säure die Haut zusätzlich reizen.
> Vorsicht ist besser als Nachsicht. Schützen sie sich vor zu hoher Sonnenbelastung, UV Strahlung kann auch Kleidung durch dringen.
Eine Verunreinigung des Auges mit Zitronensaft ausspülen
Ein besonders hart gesottener Patient presste sich eine Zitrone über dem Auge aus, nachdem er sich beim lackieren Farbe ins Auge sprühte. Er erklärte es damit, dass er den Tränenfluss fördern wolle und um die Farbe heraus zu tränen.
> Bei Fremdkörpern im Auge, greifen sie auf Augenspülflaschen oder Wasser zurück, um das Auge zu spülen. Eine zusätzliche Verunreinigung ist nicht Zielführend.
Eine Herz- Lungen- Wiederbelebung bringt das Herz wieder zum Schlagen
Setzt beim Patienten die Atmung aus ist es überlebensnotwendig schnellstmöglich mit einer Reanimation zu beginnen. Es ist falsch davon auszugehen, dass der Patient dadurch wieder zu Bewusstsein kommen wird. Die Gründe für einen Herzstillstand können vielseitig sein, diese können verstopfte Herzgefäße oder auch eine Störung des Reizleitsystems sein. Vielmehr wird durch eine HLW der Blutkreislauf aufrecht erhalten und die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn Gewährleistet. Jede Minute die ohne HLW und Sauerstoffversorgung vergeht, verliert der Patient 10% seiner Überlebenschancen.
> Bei einem Atemstillstand legen sie den Patienten auf den Boden und drehen ihn auf den Rücken. Legen sie ihren Handballen mittig auf den Brustkorb (zwischen die Brustwarzen) und legen die andere Hand auf die Erste. Drücken sie den Brustkorb kräftig, 5 – 6 cm tief nach unten. Sollte die Atmung des Patienten wieder einsetzen, bringen sie ihn sofern er Bewusstlos ist, in die stabile Seitenlage.
Der Automatisch Externe Defibrillator ersetzt die Herz- Lungen- Wiederbelebung
Der Einsatz eines AED kann die Überlebenschancen bei einer Reanimation erheblich erhöhen. Auf keinen Fall ersetzt dieser jedoch die HLW. Mit einer Reanimation wird die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff aufrecht erhalten. Der AED hingegen, misst die elektrische Aktivität des Herzens. Liegen lebensgefährliche Rhythmusstörungen kann das AED über die angebrachten Elektroden Stromstöße abgeben und kann so den natürlichen Rhythmus wiederherstellen.
> Während ein Helfer mit der Reanimation beginnt, sollte durch einen zweiten Helfer zügig ein Verfügbares AED zum Patienten gebracht werden. Schalten sie den AED bereits auf dem Weg zum Patienten ein und folgen vor Ort den Anweisungen des AEDs.
Bei einem Schlangenbiss muss man das Gift aus der Wunde saugen
Bei dem Versuch das Schlangengift aus der Wunde zu saugen können zusätzlich Bakterien in die Wunde gelangen. Zusätzlich besteht die Gefahr sich über die Verdauungsorgane zu vergiften da das Gift so in den eigenen Mund gelangt.
> Bei Bissen durch giftige Tiere sollten sie Ruhe bewahren und die betroffene Stelle unterhalb des Herzens lagern, um die Verteilung des Giftes im Körper zu verlangsamen. Rufen sie schnellstmöglich den Rettungsdienst.
Unterkühlte Patienten schnellstmöglich aufwärmen
Stark unterkühlte Patienten neigen dazu zu zentralisieren, es werden nur die für das Überleben notwendige Organe mit Blut versorgt. Das führt dazu, dass das Blut in den Extremitäten auskühlt und übersäuert. Erreicht das kalte Blut das Herz, durch zu schnelles erwärmen des Körpers kann es zum Herzstillstand kommen.
> Unterkühlte Patienten möglichst wenig bewegen und vor weiterem Wärmeverlust schützen. Den Patienten in Decken oder Rettungsdecken einhüllen, ggf. nasse Kleidung frei schneiden.